„Corona" und kein Ende - Ruhe bewahren und solidarisch bleiben

Stand 25.03.2020

1. Rechtlich Wissenswertes rund um das Coronavirus

Neben allgemeinen Verhaltensregeln geraten die Auswirkungen des Coronavirus immer mehr in den rechtlichen Fokus betroffener Arbeitnehmer und Arbeitgeber, weil zahlreiche Bereiche des Lebens massiv beeinträchtigt werden. Nachstehende Ausführungen können lediglich eine allgemeine Orientierung darstellen, die nicht einzelfallbezogen ist und weitere Beratung nicht ohne Weiteres ersetzen kann.

Im Falle leichter Atemwegserkrankungen gelten aktuell vereinfachte Regelungen zur Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU). Ärzte sollen dadurch entlastet werden, dass dererlei Patienten nicht mehr in der Praxis vorstellig werden müssen, sondern sich der Arzt allein durch eine telefonische Befragung über den Zustand des Patienten informieren kann. Damit ist zudem der positive Nebeneffekt verbunden, dass ein in der Praxis bestehendes Ansteckungsrisiko minimiert wird. Die AU, die für maximal 7 Tage ausgestellt werden kann, wird dann bevorzugt vom Arzt postalisch an den Patienten versandt.

2. Das Coronavirus und die Arbeitnehmer

Sollten Arbeitnehmer am Coronavirus erkrankt und/oder erkrankt in Quarantäne verbleiben müssen, bleibt der Arbeitgeber wie bei üblichen Arbeitsunfähigkeiten für bis zu 6 Wochen zur Entgeltfortzahlung verpflichtet. Sollten Arbeitnehmer bedingt durch Infektionsgefahren aufgrund behördlicher Betriebsschließungen oder ausbleibender Zulieferung u.a. nicht mehr beschäftigt werden können, trägt der Arbeitgeber das sog. Betriebsrisiko, verbleibt also zur Lohnzahlung verpflichtet. Wenn der Arbeitnehmer mithin zur Arbeitsleistung bereit und in der Lage ist, steht ihm seine Vergütung zu.

Für erkrankte und nicht erkrankte Arbeitnehmer, die von Quarantänemaßnahmen betroffen sind, sieht zudem das Infektionsschutzgesetz einen Entschädigungsanspruch in Höhe des Verdienstausfalls nach § 56 Infektionsschutzgesetz durch den Arbeitgeber vor. Die vom Arbeitgeber geleistete, respektive die von ihm zu leistende Vergütung wird dann auf dessen Antrag bei dem zuständigen Gesundheitsamt von der Behörde an den Arbeitgeber erstattet.

Eine solche Entschädigung gibt es auf entsprechenden Antrag auch für Selbstständige. Grundlage dafür ist der Gewinn der im Steuerbescheid für das letzte Kalenderjahr festgestellt wurde. Ein solcher Antrag ist binnen drei Monaten beim zuständigen Gesundheitsamt zu beantragen.

3. Das Coronavirus und Kinderbetreuung

Zu den FAQ im Zusammenhang mit „Corona" gehört sicher auch die Kinderbetreuung. Aufgrund der Schließung von Schulen und Kitas ergibt sich für fast alle Arbeitnehmer das Problem, Ihre Kinder zu Hause betreuen zu müssen und deshalb nicht am Arbeitsplatz erscheinen zu können.

Insoweit entsteht juristisch die Situation, dass Arbeitnehmer zwar in der Lage wären zu arbeiten, daran aber gehindert sind, weil sie der Aufsichtspflicht gegenüber ihren Kindern nachzukommen haben, die aufgrund neuester Regelungen keine Schulen und Kitas mehr besuchen dürfen.

Abgesehen von evtl. zu zahlenden Kita-Gebühren oder Schuldgeld, welches unter dem Vorbehalt der Rückforderung gezahlt werden sollte, kommt für die betroffenen Eltern neben deren grundsätzlicher Arbeitspflicht evtl. das Problem eigener wirtschaftlicher Notlagen auf, weil Lohneinbußen hinzunehmen sind oder die Vergütung, was unrechtmäßig wäre, ganz ausbleibt.

Wenn ein Kind noch in einem Alter ist, in dem es nicht über die gesamte Arbeitszeit allein zu Hause gelassen werden kann und keine Betreuungsperson zur Verfügung steht, liegt ein persönlicher Verhinderungsgrund vor, den der Arbeitnehmer nicht verschuldet hat und der diesen berechtigt, zur Betreuung seines Kindes zu Hause zu bleiben. Der Arbeitnehmer ist allerdings verpflichtet, dem Arbeitgeber den kindbezogenen Grund für die Arbeitsverhinderung und die nicht gegebene anderweitige Betreuungsmöglichkeit rechtzeitig mitzuteilen.

In einem relativ kurzen Fall schuldloser Arbeitsverhinderung behält ein Arbeitnehmer nach § 616 BGB, sofern diese Vorschrift im Arbeitsvertrag nicht ausgeschlossen ist, seinen Vergütungsanspruch für maximal 5 Arbeitstage.

Sofern längerer Betreuungsbedarf des Kindes besteht, was bei aktuell mehrwöchigen Schulschließungen regelmäßig der Fall sein wird, besteht über den genannten Zeitraum hinaus kein zwingend weiterer Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung mehr, sofern Krankheitstage (10/20/25) für Kinder noch nicht verbraucht sind.

Voraussetzung für den Bezug von Kinderkrankengeld über die Krankenkasse ist, dass

  • das Kind jünger als 12 Jahre ist,
  • ein Arzt ein ersttägiges Attest ausgestellt hat,
  • Betreuung und Pflege des Kindes aus ärztlicher Sicht erforderlich ist
  • der entsprechende Elternteil, als auch das Kind gesetzlich versichert sind und
  • keine anderen im Haushalt lebenden Personen (Großeltern, Au-Pair-Mädchen) das Kind betreuen können.

Sind die jährlichen Fehltage ausgeschöpft, kann ein Elternteil versuchen, sich die Tage des anderen Elternteils noch übertragen zu lassen, sofern diese noch nicht verbraucht sein sollten. Die Arbeitsvertragsparteien können aber zusätzlich auch noch erwägen, über den Abbau von Überstunden oder eventuelle Urlaubsnahme die Vergütungsphase zu verlängern.

Bei Kindern über 12 Jahren ohne Status einer Schwerbehinderung gibt es keinen Anspruch mehr auf Kinderkrankheitstage. Im Einzelfall ist allenfalls zu überprüfen, ob im Arbeitsvertrag oder in einem eventuell bestehenden Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ggf. Sonderregelungen getroffen worden sind. In manchen Berufsbereichen kann in Absprache mit dem Arbeitgeber ggf. auch erreicht werden, dass im Home-Office (siehe Infothek Home-Office) gearbeitet wird. Systemrelevante Berufsgruppen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen oder im Polizei oder Feuerwehrdienst etc. sind insoweit besonders betroffen, weil diese kein Home-Office machen können. Für diese Personengruppe sowie für die Eltern von Kindern unter 12 Jahren und/oder für Kinder mit anderweitigen Beeinträchtigungen hat die Schule dafür Sorge zu tragen, dass eine Notbetreuung vorgehalten wird.

Wichtig zu wissen ist, dass einem Arbeitnehmer, der nachweist, aufgrund gebotener Kinderbetreuung längere Zeit nicht die gewohnte Arbeitsleistung erbringen zu können, kein Nachteil im Sinne eines Kündigungsgrundes erwächst.

Privatversicherte erhalten übrigens kein Kinderkrankengeld. Bestenfalls besteht bei dieser Berufsgruppe die Möglichkeit einer Freistellung von der Arbeitsleistung.

4. Das Coronavirus und die Arbeitgeber/ Kurzarbeit

Unternehmerische Beeinträchtigungen in Form von Produktionsausfällen oder Lieferschwierigkeiten als auch behördliche Betriebsschließungen berechtigen Arbeitgeber Kurzarbeit bei der örtlich zuständigen Bundesagentur für Arbeit zu beantragen. Zahlreiche Arbeitgeber hatten aufgrund der Struktur ihrer Unternehmen noch nie Anlass, Kurzarbeit zu beantragen, weshalb hier von vielen Unternehmern juristisches Neuland betreten wird.

Als Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld müssen ein erheblicher Arbeitsausfall gegeben sein, der auf wirtschaftlichen Gründen (z.B. Produktionsausfall oder Lieferschwierigkeiten) oder einem unabwendbaren Ereignis (Betriebsschließung aus Infektionsschutzgründen wegen Corona) beruhen muss. Der Arbeitsausfall muss zudem vorübergehend und unvermeidbar sein. Zudem muss dieser der Agentur für Arbeit vorzeitig angezeigt werden.

Üblicherweise kann Kurzarbeitergeld nicht rückwirkend geltend gemacht werden. Im Zusammenhang mit der aktuellen Problematik des Coronavirus besteht aktuell jedoch sogar ausnahmsweise die Möglichkeit, Kurzarbeitergeld bereits rückwirkend vom 01.03.2020 bei der örtlich zuständigen Agentur für Arbeit schriftlich oder elektronisch zu beantragen, wobei dann die zuvor genannten Voraussetzungen allerdings vorliegen müssen. Ebenfalls im Zusammenhang mit der Virusbedrohung soll in Abweichung sonstiger Vorgehensweisen die Sonderregelung gelten, dass evtl. vorhandene Überstunden und/oder Resturlaube nicht vorzeitig aufgebraucht werden müssen, um antragsgemäß beschieden zu werden.

Zu beachten ist aber, dass Kurzarbeit aber keineswegs einseitig durch den Arbeitgeber angeordnet werden kann. Dies liegt darin begründet, dass mit Kurzarbeit auch eine Verringerung der Vergütung einhergeht, die bei kompletter Betriebsschließung bei 60 % - 67 % des pauschalierten Nettoentgelts liegt. Fällt die Arbeitszeit nicht komplett aus, wird auch die Vergütung nicht komplett entfallen, was dann neben dem weiterhin zu zahlenden Gehalt zu einem anteiligen Anspruch auf Kurzarbeitergeld führt.

Die Möglichkeit zur Anordnung von Kurzarbeit muss sich entweder aus dem Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem eventuell bestehenden Tarifvertrag ergeben.

Nähere Aussagen sind daher erst nach Einsichtnahme in die jeweils eventuell einschlägigen Verträge möglich. liegen keine solchen Regelungen vor, kann und sollte der Arbeitgeber Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer erzielen, dessen Interesse es in den meisten Fällen sein dürfte, mit der Anordnung von Kurzarbeit einverstanden zu sein.

Ein Arbeitsausfall ist üblicherweise als erheblich gegeben, wenn im jeweiligen Kalendermonat, dem sog. Anspruchszeitraum üblicherweise mindestens 1/3, wegen des Corona-Virus 10 % der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von mehr als 10 % ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen sind. Vorsorglich wird zur weiteren Veranschaulichung und benötigter Formulare auf den Link der Bundesagentur für Arbeit verwiesen. Die konkrete Berechnung und Auszahlung des Kurzarbeitergeldes an die einzelnen Arbeitnehmer erfolgt gemäß § 320 SGB III durch die Bundesagentur für Arbeit über den Arbeitgeber.

Minijobber, Rentner, Bezieher von Krankengeld sowie Auszubildende, diese nur unter eingeschränkten anderweitigen Bedingungen noch keinen Abschluss haben, erhalten kein Kurzarbeitergeld.

5. Das Coronavirus und Home-Office

Siehe lnfothek Home-Office

6. Solidarisch bleiben

Die nachteiligen Auswirkungen des Coronavirus betrifft alle Menschen in unterschiedlichsten Bereichen, weshalb alle Inhaber von Rechten und Pflichten im Rahmen eigenen Anspruchsdenkens solidarisch bleiben und z.B. beachten sollten, dass ein Arbeitgeber lieber Lohn zahlen würde, der Arbeitnehmer bevorzugt arbeiten würde, dies aber vorübergehend nicht möglich sein kann. Im Rahmen der Streitkultur sollte daher mit Augenmaß vorgegangen werden, die Problematik des jeweiligen Vertragspartners auch zu berücksichtigen.

Kommunikation ist und bleibt zu der vorstehenden Thematik wichtig, auch wenn die Durchsetzung eigener Rechte oder die Abwehr vermeintlicher Pflichten mit Kündigungen aller Art, Zahlungsklagen oder einstweiligen Verfügungen bei Vorliegen der Voraussetzungen dem Grunde nach wie gewohnt durchsetzbar bleiben.

» Themenübersicht Infothek

Es wird darauf hingewiesen, dass vorstehende Darstellungen keinesfalls eine konkrete Rechtsberatung im Einzelfall ersetzen können.